Mehr Verantwortung für Pflegefachkräfte
Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland wäre bereit, medizinische Ersteinschätzungen und Erstuntersuchungen von Pflegefachkräften vornehmen zu lassen. Das geht aus einer aktuellen Forsa-Umfrage des Bosch Health Campus hervor. Gleichzeitig besteht so gut wie kein Vertrauen in die Politik, die pflegerische Versorgung zukunftssicher aufzustellen.
Geht es nach dem Willen der Bürgerinnen und Bürger, dürfen Pflegefachkräfte in Zukunft gerne mehr Verantwortung in der Versorgung übernehmen.
Die pflegerische Versorgung in Deutschland wird angesichts der wachsenden Zahl älterer Menschen immer wichtiger, gleichzeitig besteht bereits heute ein Fachkräftemangel in der Pflege. Wie ist die Versorgung bei den Menschen vor Ort? Setzt die Politik die richtigen Prioritäten in Bezug auf die Fachkräftesicherung in der Pflege? Und wie lässt sich die Pflegesituation nachhaltig verbessern? Diese und andere Fragen wurden in der aktuellen Forsa-Umfrage 1000 Teilnehmenden gestellt.
Die Politik bekommt von den Bürgerinnen und Bürgern kein gutes Zeugnis ausgestellt. 92 Prozent der Befragten haben eher weniger oder gar kein Vertrauen, dass die Politik künftig eine qualitativ hochwertige und bezahlbare pflegerische Versorgung sicherstellen kann. Diese Einschätzung wird über alle Altersgruppen und das gesamte politische Spektrum hinweg geteilt. Auch stimmen nur wenige Menschen (16 Prozent) zu, dass die Bundesregierung bzw. der Bundesgesundheitsminister die richtigen Prioritäten in Bezug auf die Fachkräftesicherung in der Pflege setzt. Knapp drei Viertel der Befragten (72 Prozent) stimmen dieser Aussage eher nicht (41 Prozent) bzw. gar nicht (31 Prozent) zu. Insbesondere im Hinblick auf die wachsende Zahl älterer Menschen und dem damit verbundenen Mehrbedarf an hochwertiger Pflege besteht wenig Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Systems der pflegerischen Versorgung. 35 Prozent gaben an, kaum Vertrauen zu haben, mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) haben gar kein Vertrauen.
Die Meinung zur Politik geht teilweise mit einer wahrgenommenen Verschlechterung der Versorgung bei den Menschen vor Ort einher. 38 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Versorgung bei ihnen verschlechtert habe, 36 Prozent stellten eine gleichbleibende Versorgung fest, 5 Prozent eine Verbesserung.
Große Bereitschaft, sich von Pflegefachkräften untersuchen zu lassen
Gleichzeitig besteht eine breite Zustimmung in der Bevölkerung (73 Prozent), Pflegefachkräften mehr Verantwortung zu übertragen. So zeigen 79 Prozent der Befragten eine Bereitschaft auf jeden Fall (32 Prozent) bzw. eher (47 Prozent) eine medizinische Ersteinschätzung, eine körperliche Erstuntersuchung oder die Behandlung von Bagatellerkrankungen von akademisch ausgebildeten Pflegefachkräften vornehmen zu lassen. Auch die Koordination unterschiedlicher Versorgungsleistungen sowie die Routinebetreuung und Überwachung von Patientinnen und Patienten mit stabiler chronischer Erkrankung kann der Mehrheit zufolge (72 bzw. 71 Prozent) in den Ausgabenbereich von akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen fallen. Eine eher zögerliche Zustimmung zur Akademisierung lasst dabei vor allem als Unwissenheit über Vorteile der Akademisierung verstehen.
In der Hinsicht ist die Politik bereits auf einem guten Weg: Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, die Aufgaben der professionellen Pflege durch heilkundliche Tätigkeiten zu ergänzen und unter anderem das neue Berufsbild der „Community Health Nurse“ zu schaffen. Community Health Nurses sind Pflegefachpersonen mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium, die als erste Ansprechpersonen rund um das Thema Gesundheit dienen und die Grundversorgung sichern sollen.
Mindestlöhne, bessere Arbeitsbedingungen und Förderprogramme
Bei den Befragten gibt es darüber hinaus eine große Zustimmung für Maßnahmen, die die Fachkräfte in der Pflege halten und den Beruf attraktiver machen sollen. 92 Prozent stimmen einer Erhöhung der Mindestlöhne in der Kranken- und Altenpflege zu, 87 Prozent einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Umsetzung des sogenannten Personalbemessungsverfahrens und 86 Prozent befürworten Förderprogramme für digitale und technische Anschaffungen.
Angaben zur Forsa-Umfrage
Die Befragung zum Thema Pflege in Deutschland hat die Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen GmbH für den Bosch Health Campus durchgeführt. Es wurden insgesamt 1.003, nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen ab 18 Jahren, mit Hilfe des repräsentativen Online-Panels forsa.omninet, in Deutschland befragt. Die Erhebung erfolgte vom 24. Juli bis 4. August 2023.